Lassen sie uns berauscht und blind den Verheißungen der digitalen Medien hinterherlaufen, sie ängstlich und erstarrt ablehnen oder unterstützen sie uns dabei, zu einer realistischen Einschätzung der Chancen und Risiken zu gelangen?

Die BLIKK-Medienstudie ist ein Beispiel für eine Angst-Story mit destruktiver Wirkung über dieses Thema.

Im Mai 2017 wurde die unter der Schirmherrschaft der Drogenbeauftragten der Bundesregierung und mit Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit erstellte BLIKK-Medienstudie über die gesundheitlichen Folgen digitaler Medien bei Kindern veröffentlicht:

Fütter- und Einschlafstörungen, Sprachentwicklungsstörungen bei Kleinkindern, Konzentrationsstörungen im Grundschulalter, Fettleibigkeit usw.

Mikro- und Makro-Storys

Vorgestellt wurden die Ergebnisse der Studie von der Drogenbeauftragten in einer eigens anberaumten Pressekonferenz.

Aus Storytelling-Sicht lassen sich sowohl die Studie selbst als auch die Pressekonferenz als Mikro-Storys verstehen, als „Szenen“ der übergeordneten Makro-Story des Themas Digitalisierung. Da sie lediglich einen einzelnen Aspekt des Themas und bei diesem ausschließlich die Gefahren und vermeintlich negativen Folgen fokussieren und mögliche positive Effekte ausklammern, handelt es sich um eindimensionale Angst-Storys mit negativer Botschaft und destruktiver Wirkung:

Die Menschen, die digitalen Medien und dem Thema Digitalisierung ohnehin schon skeptisch gegenüberstehen, dürften sich in ihrer Meinung bestärkt fühlen oder sogar noch ängstlicher werden.

Botschaft und Standpunkt

Die Botschaft einer Story drückt den Standpunkt ihrer Erzählerin oder ihres Erzählers aus. Die Botschaft der Pressekonferenz lautet: „Digitale Medien gefährden unsere Kinder.“ / „Die Nutzung digitaler Medien ist gefährlich.“

Dass digitale Medien jedoch auch positive Effekte haben, zeigt eine Schule in Norwegen. Sie hat das Schulfach eSports eingeführt, in dem die Schülerinnen und Schüler sogar die vielfach verhassten Ego-Shooter spielen dürfen.

Mit verblüffend positiven Effekten: So haben die Schülerinnen und Schüler beispielsweise eine größere Motivation, in die Schule zu gehen, und bei den schlechteren haben sich sogar die Noten in anderen Fächern verbessert, seit sie an dem Fach eSports teilnehmen.

Erlösungsapostel und Untergangspropheten

Aus medienhistorischer Sicht wurde jedes neue Medium bisher immer von zwei gegensätzlichen Positionen begleitet, dem Wehklagen von Untergangspropheten und den Jubelgesängen von Erlösungsaposteln.

Bisher lagen immer beide Seiten falsch. Und es ist anzunehmen, dass das auch bei dem Thema digitale Medien nicht anders sein wird. Trotzdem bringen sich auch hier beide Gruppen wieder in Position.

Die einen verteufeln digitale Medien und sehen in ihnen das Ende der Zivilisation nahen. Die anderen projizieren ihre Erlösungsfantasien in sie hinein.

Beide versuchen, mit ihren Stories die Deutungshoheit zu gewinnen, die einen, indem sie Angst-Stories mit der Botschaft „Digitale Medien sind unser Untergang“ erzählen, die anderen mit Sehnsucht-Stories und der Botschaft „Digitale Medien sind unsere Rettung“.

Die Eindimensionalität beider Storys verhindert einen konstruktiven Umgang mit der Digitalisierung.