Gutes Storytelling besteht aus zwei Elementen: einer guten Story und einer guten Erzählung dieser Story.

Die Werkzeuge zur Entwicklung einer guten Story erläutere ich in den Kapitel 1 bis 4 des Storytelling-Handbuchs. Die Werkzeuge, um eine Story gut zu erzählen, lassen sich in zwei Kategorien einteilen:

  • Erzählmuster: Welchen Mustern folgen die Erzählungen von Geschichten?
  • Erzähltechniken: Welche Informationen werden den Rezipient*innen wann, wie und warum (d.h. mit welcher beabsichtigten Wirkung) vermittelt?

Dieser Text erläutert einige der wirkungsvollsten Erzähltechniken.

Während die Erzählmuster gewissermaßen die Makroebene einer Erzählung strukturieren, organisieren die einzelnen Erzähltechniken die Informationsvermittlung auf der Mikroebene. Ihre Funktion ist es, den Rezipient*innen die Möglichkeit zu geben, sich kognitiv und emotional an der Geschichte zu beteiligen, indem bestimmte Informationen an einer bestimmten Stelle platziert oder weggelassen werden.

Die grundlegende Frage für die Gestaltung einer guten Erzählung lautet:

Welche Informationen werden den Rezipient*innen wann, wie und warum (d.h. mit welcher beabsichtigten Wirkung) vermittelt?

Erzähltechniken: Was wissen die Rezipient*innen? Und was wissen die Hauptprotagonist*innen?

Diese Frage zielt auf die Beziehung des Wissensstands zwischen der Hauptprotagonist*in und den Rezipient*innen. Drei mögliche Beziehungen gibt es:

  • Die Rezipient*innen haben den gleichen Wissensstand wie die Hauptprotagonist*in.
  • Sie wissen mehr als die Hauptprotagonist*in, haben also einen Wissensvorsprung.
  • Sie wissen weniger, die Hauptprotagonist*in hat also einen Wissensvorsprung vor ihnen.

Mit folgenden Erzähltechniken können diese drei Beziehungen gestaltet werden:

 

Inhalt
  1. Haken-Eröffnung: Interesse wecken
  2. Momentum: Dynamik erzeugen
  3. Überraschung: unerwartet sein
  4. Suspense: Spannung aufbauen
  5. “ticking clock“: Zeit begrenzen
  6. Ellipse: Erzählen durch Auslassen
  7. Säen und Ernten: Inhaltsnetze knüpfen
  8. Foreshadowing: Andeutungen machen
  9. Subtext und Indirektheit: Sagen und Meinen
  10. Vorankündigung: Etwas wird geschehen.
  11. Vorbereitung und Nachklang: Emotionsmanagement
  12. Zusammenfassung: auf Nummer sicher gehen
  13. Cliffhanger: Sucht erzeugen

Haken: Interesse wecken

Wenn es stimmt, dass die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen immer kürzer wird, dann ist es umso wichtiger, so schnell wie möglich ihr Interesse zu wecken – sie an den Haken zu nehmen. Eine Technik, die das leistet, ist die Haken-Eröffnung (siehe auch „Erzählmuster“).

In einer Haken-Eröffnung startet die Erzählung mit einem Ereignis aus dem weiteren Verlauf der Geschichte, springt dann zurück an den Anfang, erzählt chronologisch weiter, wiederholt das Ereignis der Haken-Eröffnung, wodurch die Struktur kreisförmig wird, und erzählt chronologisch bis zum Ende der Geschichte.

Die ZDF-Dokumentation Robert Blum und die Revolution und der Artikel Hol´ mich hier raus von Alexandra Rojkov, die ich Kapitel 6 des Storytelling-Handbuchs dramaturgisch analysiere, eröffnen mit einem Haken.

Entscheidend für das Funktionieren einer Haken-Eröffnung ist, dass das Ereignis die Hauptprotagonist*in in einer konfliktbeladenen Situation zeigt, die bei den Rezipientinnen und Rezipienten Fragen aufwirft:

Wer ist diese Person? Wie ist sie in diese Situation gekommen? Und wie wird sie diese Situation lösen können?

Die beabsichtigte Wirkung einer solchen Eröffnung liegt also darin, dass die Rezipient*innen sich mit der Eröffnung einer Erzählung bereits Fragen stellen und dadurch an den „Haken“ genommen werden. Deshalb wird sie so genannt.

Besonders geeignete Ereignisse sind beispielsweise der symbolische Tod der Hauptprotagonist*in, der zweite Wendepunkt der Konfliktentwicklung oder die Krise der Hauptprotagonist*in.

Ein Haken dient also der unmittelbaren kognitiven Aktivierung der Rezipient*innen. Eine solche Involvierung ist umso wichtiger, da eine emotionale Beteiligung so früh noch nicht erzeugt werden kann. Ihr Zustandekommen setzt Identifikation voraus, also ein Wissen darüber, was die Hauptprotagonist*innen wollen warum sie es wollen, für welche universellen Werte sie kämpfen oder inwiefern wir sie ob ihres Muts oder ihrer Genialität bewundern können. Und um dieses Wissen zu vermitteln, braucht die Erzählung eine gewisse Zeit.

Momentum: Dynamik erzeugen

Da die typischen Fragen, die die Haken-Eröffnung aufwirft – Wer ist diese Person? Wie kommt sie in diese Situation? Wie kann sie sich aus ihr befreien? -, erst im späteren Verlauf der Erzählung beantwortet werden, können sie das Interesse der Rezipient*innen nicht über einen längeren Zeitraum halten oder gar steigern. Deshalb sollte von Anfang an mit einer Erzähltechnik gearbeitet werden, die als Momentum bezeichnet wird.

Wissensvorsprung der Hauptprotagonist*innen

Momentum verleiht einer Story Vorwärtsdrang, eine erzählerische Dynamik, die Ereignisse bzw. Szenen miteinander verbindet. Diese Dynamik entsteht, wenn Informationen nur häppchenweise preisgegeben werden. Dadurch entsteht eine Wissenslücke, die die Rezipient*innen gefüllt haben wollen.

Eine solche Lücke wird aufgerissen, wenn die Hauptprotagonist*innen einen Wissensvorsprung vor den Rezipient*innen haben und sich entsprechend auf eine bestimmte Weise verhalten, die sie noch nicht nachvollziehen können:

Die Hauptprotagonist*in ist auf dem Nachhauseweg und kommt vor ihrem Haus an, betritt es jedoch nicht, sondern bleibt davor stehen, schaut auf die Uhr und wartet auf etwas. Sie weiß, warum sie  noch nicht hinein kann, wir wissen es noch nicht, sondern erfahren es in einer späteren Szene, wodurch diese beiden Szenen miteinander verbunden werden. Die entscheidende Information wird also vorenthalten. Dadurch entsteht Spannung und das Interesse der Rezipient*innen wird gesteigert. Dieser Effekt könnte nicht entstehen, wenn die Erzählung alle Informationen auf einmal offenbaren würde.

Mercedes Benz: „The Journey

Ein schönes Beispiel für eine Antwort auf die Frage, wann welche Informationen geliefert werden, und für die Wirkung, die erzielt werden kann, wenn man bestimmte Informationen hinauszögert, ist der Mercedes Benz-Video Clip „The Journey“ von Dominko Gudelj (Producer) und Andreas Bruns (Regie):

Wir sehen einen Jungen, der sich nachts aus dem Haus schleicht und mit Hilfe eines Stadtplans ein bestimmtes Ziel sucht. Wir erfahren jedoch zunächst nicht, wo er hin will und warum er dort hin will, kennen also zwei der wichtigsten dramatischen Informationen nicht: sein Ziel und seine Motivation. Beides erfahren wir erst, als er bei einer Polizeistation ankommt, einem Polizisten sagt, dass er sich verlaufen hat, dieser mit „Das ist jetzt aber wirklich das letzte Mal … oder?“ antwortet und den Jungen im Mercedes-Dienstwagen nach Hause fährt.

Dadurch, dass das dramatische Ziel und die Motivation erst am Ende offenbart werden, bietet die Erzählung dem Publikum die Möglichkeit, sich kognitiv zu beteiligen, indem es sich Fragen stellt: Wo will der Junge mitten in der Nacht hin? Und warum macht er sich auf den Weg? Die Wirkung der Geschichte ergibt sich aus der Beantwortung dieser Fragen am Ende der Erzählung: Mit dieser Auflösung haben wir nicht gerechnet und die Cleverness des Jungen bringt uns zum Schmunzeln.

Wäre von Anfang an bekannt, dass der Junge immer wieder mit der Ausrede, sich verlaufen zu haben, bei der Polizei auftaucht, um sich in einem Mercedes nach Hause fahren zu lassen, wäre der Clip langweilig. Zumal seine „Reise“ konfliktfrei verläuft, er also keine Hindernisse im zweiten Akt überwinden muss, um zu der Polizeiwache zu gelangen, weshalb sie auch nur über einige Sekunden hinweg Interesse aufrechterhalten kann.

Die Dialogzeile des Polizisten – „Das ist jetzt aber wirklich das letzte Mal – oder?“ – ist übrigens ein Beispiel für sehr gute Dialoggestaltung. Im Subtext zu diesem Satz – dem Text – drückt sich die gesamte Geschichte aus: Der Junge macht das nicht zum ersten Mal und der Polizist vermutet, dass es auch nicht das letzte Mal gewesen sein wird.

Überraschung: unerwartet sein

Bei der Erzähltechnik Überraschung haben die Rezipient*innen den gleichen Wissensstand wie die Protagonist*innen.

Alfred Hitchcock – der Meister der Spannung – grenzt die Überraschung von der Erzähltechnik Suspense‚ ab und beschreibt ihre Funktionsweisen und Wirkungen in dem lesenswerten Buch Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? von François Truffaut (1973) folgendermaßen (wer sich intensiver mit Erzähltechniken auseinandersetzen will, der oder dem kann ich dieses Buch wärmstens empfehlen):

Zwei Männer sitzen an einem Tisch. Plötzlich explodiert eine Bombe, die darunter angebracht ist.

Die dramatische Wirkung, die damit erzielt wird, ist Überraschung: Die Rezipient*innen sind – wie die beiden Männer – überrascht, weil sie nicht damit gerechnet haben, dass unter dem Tisch eine Bombe ist. Die Wirkungskurve geht unmittelbar steil und sehr weit nach oben, fällt aber auch relativ schnell wieder ab. Die Wirkung ist also intensiv, aber kurzfristig.

Diese Wirkung wird auch als Mitaffekt bezeichnet, da sie im gleichen Moment sowohl bei den Rezipient*innen als auch bei den Protagonist*innen erzielt wird. Im Gegensatz dazu bezeichnet der Eigenaffekt eine Wirkung, die nur bei den Rezipient*innen erzielt wird, wie beispielsweise in der Erzähltechnik Suspense.

Suspense: Spannung aufbauen

Suspense ist eine weitere Form der Spannungserzeugung. Sie entsteht, wenn die Rezipient*innen einen Wissensvorsprung vor den Protagonist*innen haben.

Alfred Hitchcock erläutert sie anhand des gleichen Beispiels wie die Überraschung:

Zwei Männer sitzen an einem Tisch, im Gegensatz zu ihnen wissen die Rezipient*innen, dass unter dem Tisch eine Bombe angebracht ist.

Dieser Wissensvorsprung wirft Fragen auf: Werden die beiden Männer noch rechtzeitig bemerken, dass unter ihrem Tisch eine Bombe ist? Wird sie jemand warnen? Werden sie von der Bombe zerfetzt werden? usw.

Der Moment, in dem die Rezipient*innen die Information erhalten, dass eine Bombe unter dem Tisch angebracht ist und somit der Wissensvorsprung entsteht, wird Enthüllung genannt. Nach einer Enthüllung warten sie auf den Moment, in dem auch die Protagonisten darüber informiert werden. Dieser Moment – so er denn eintritt – wird als Entdeckung bezeichnet: Die Protagonisten entdecken etwas, das ihnen vorher noch nicht bekannt war.

Die Wirkungskurve ist zwar nicht so steil und so hoch wie die der Überraschung, dafür kann sie über einen längeren Zeitraum gezogen werden, je nachdem wann die Erzählung die auflösende Information liefert, die Männer also die Bombe bemerken und fliehen können oder von ihr getötet werden.

“ticking clock“: Zeit begrenzen

Eine ticking clock funktioniert einfach und erzielt zuverlässig ihre Wirkung: Die Hauptprotagonist*innen haben nur eine bestimmte Zeit zur Verfügung, um ihr Ziel zu erreichen. Schaffen sie es nicht innerhalb dieser Zeit, verlieren sie ihr Ziel für immer. Je weiter die Geschichte voranschreitet, je mehr Zeit also vergeht, umso größer wird der Druck auf sie und umso mehr steigt die Spannung bei den Rezipient*innen.

In dem Beispiel mit der Bombe unter dem Tisch (siehe Überraschung und Suspense) wäre die ticking clock sogar wörtlich zu verstehen: An der Bombe befindet sich eine Uhr, die runterläuft. Je mehr Zeit vergeht, umso enger wird es für die beiden Männer und umso schwitziger für die Rezipient*innen.

Ellipse: Erzählen durch Auslassen

Eine Erzähltechnik, die die Rezipient*innen auf hervorragende Weise in die Geschichte einbezieht, ist das elliptische Erzählen, das Erzählen mittels Auslassung.

Anders als bei der Erzähltechnik Momentum werden bestimmte Informationen hier nicht häppchenweise erzählt, sondern gar nicht. Dadurch werden die Rezipient*innen gewissermaßen zu Miterzähler*innen, indem sie die fehlenden Informationen und die entsprechenden Bilder dazu selbst erzeugen.

Ein Beispiel für eine schöne Ellipse findet sich in dem Film DER FELSEN:

Der Hautprotagonist wird von der Polizei gesucht. Nachts sitzt er auf der Terrasse eines Cafés und wartet auf eine Verabredung. Durch die Fensterfront des Cafés im Hintergrund sieht man ein grünes Notausgangsschild leuchten. Das Anschlussbild spielt am Morgen darauf. Die Scheibe der Fensterfront ist durchbrochen, im inneren des Cafés wischt jemand eine zähe rötliche Flüssigkeit weg.

Leider wird diese Auslassung wenige Minuten später durch einen überflüssigen Flashback gefüllt, der zeigt, was passiert ist, das Ereignis also erklärt und die schöne Ellipse damit zerstört. Hier wird deutlich, dass es für ein elliptisches Erzählen zwei Voraussetzung braucht:

Mut und Zutrauen zu den Rezipient*innen, dass sie in der Lage sind, die Auslassung selbst zu ergänzen. Elliptisches Erzählen ist also immer ein riskantes Erzählen. Aber es ist allemal besser als eine Geschichte zu erklären.

Säen und Ernten: Inhaltsnetze knüpfen

Die Erzähltechnik des Säens und Erntens (Setup & Payoff) dient ebenfalls der Involvierung der Rezipient*innen.

Säen bedeutet, scheinbar beiläufig eine bestimmte Information zu vermitteln, also beispielsweise eine Requisite, ein Motiv, ein Schauplatz etc. einzuführen.

Ernten bedeutet, dieses Element im weiteren Verlauf in einem anderen Zusammenhang wieder aufzugreifen. Dieses Wiedererkennen ruft bei den Rezipient*innen eine positive oder negative Reaktion hervor, ein Glücksgefühl oder eine Erschütterung.

Anton Tschechow formulierte es so:

Wenn im ersten Akt ein Gewehr an der Wand hängt, dann wird es im letzten Akt abgefeuert.

In Krimis erhalten die Ermittler*innen oftmals einen Hinweis auf die Mörder*innen, den sie  jedoch nicht sofort als solchen erkennen. Erst nachdem sie weitere Informationen zusammengetragen haben, erkennen sie diesen Hinweis und können durch eine logische Schlussfolgerung die Mörder*innen überführen.

In dem Spielfilm LITTLE MISS SUNSHINE findet ein Säen im ersten Drittel des Films beim Stopp an einer Tankstelle statt:

Der schwule Onkel will sich etwas zu trinken kaufen und fragt den Großvater, ob er ihm etwas mitbringen kann. Der Großvater hätte gerne zwei Pornohefte, gibt dem Onkel Geld und sagt ihm, dass er sich davon einen Schwulenporno kaufen soll.

Geerntet werden die Pornohefte, als die Familie später von einem Polizisten angehalten wird. Im Kofferraum ihres Busses liegt die in einem Tuch eingewickelte Leiche des mittlerweile verstorbenen Großvaters, die sie kurz zuvor aus dem Krankenhaus geklaut hat. Als der Polizist den Kofferraum öffnet, fallen ihm die Pornohefte entgegen, die die Erzählung bis dahin nicht mehr erwähnt hat. Der Polizist ist von den Heteropornos so angetan, dass er vergisst, den Kofferraum zu durchsuchen. Es sind seine Lieblingspornos. Als er den Schwulenporno sieht, drückt er ihn dem Vater schnell in die Hand und macht sich aus dem Staub.

Subtiles und offensichtliches Säen

Es gibt zwei Möglichkeiten des Säens: das subtile Säen, in dem die Rezipient*innen die gesäte Information sofort wieder vergessen, und das offensichtliche Säen, in dem sie sich bewusst daran erinnern können sollen.

Entscheidend beim subtilen Säen ist, dass die eigentliche Bedeutungsebene der Information für das spätere Ernten beim Säen verhüllt wird, um sie im Ernten enthüllen zu können. Für ein offensichtliches Säen kann es hingegen nötig sein, die Information zu wiederholen.

Subtiles Säen bedeutet also Verhüllen, das Ernten Enthüllen. Das offensichtliche Säen ist ein Versprechen bzw. eine Andeutung, das Ernten ein Einlösen bzw. Offenbaren. Folgt einem offensichtlichen Säen kein Ernten, kann ein Gefühl der Enttäuschung bei den Rezipient*innen entstehen, beispielsweise wenn eine Protagonist*in versucht, sich das Leben zu nehmen, aber gerettet wird, im weiteren Verlauf angedeutet – gesät – wird, dass sie es möglicherweise noch einmal versuchen wird, dann aber nicht mehr darauf eingegangen wird.

Foreshadowing: Andeutungen machen

Ein Spezialfall des Säens und Erntens ist das sogenannte Foreshadowing: Oftmals am Anfang einer Erzählung wird eine unheilvolle Atmosphäre etabliert, die darauf hindeutet, dass bald etwas Schreckliches passieren wird.

Das Foreshadowing sät also eine Vorahnung, die im weiteren Verlauf geerntet wird. Als epische Vorausdeutung muss das Foreshadowing jedoch nicht unbedingt etwas Negatives andeuten, sondern ist ganz allgemein ein Hinweis auf den weiteren Fortgang der Geschichte.

Subtext und Indirektheit: Sagen und Meinen

Von Subtext spricht man, wenn einer Szene oder einem Dialog eine zweite Ebene zugrunde liegt, die die eigentliche Bedeutung dieser Szene oder dieses Dialogs transportiert.

Im Dialog bedeutet das, dass ein*e Protagonist*in etwas sagt, aber etwas anderes meint, das sich die Rezipient*innen selbst erschließen. In dem Spielfilm OCEAN`S ELEVEN trifft der Hauptprotagonist Danny Ocean nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis auf seine Ex-Frau Tess, mit der er wieder zusammen sein will.

Tess ist mittlerweile jedoch mit einem anderen Mann liiert und ist immer noch sehr wütend auf Danny, weil er sie tief verletzt hat. Sie behauptet, dass er keine Chancen mehr bei ihr hat, weil ihr neuer Partner anders als Danny kein Lügner und Dieb ist. Im Dialog fragt Danny Tess, ob ihr Neuer sie zum Lachen bringt.

Würde Tess direkt antworten, könnte sie sagen: „Ja“, „Nein“, „Vielleicht“, „Weiß ich nicht“, „Geht dich nichts an“. Das wäre stinklangweilig. Stattdessen antwortet sie indirekt: „Er bringt mich nicht zum Weinen.“

Sie antwortet also nicht direkt auf seine Frage und erzeugt damit einen Subtext, meint also etwas anders als sie sagt, nämlich: Du hast mich zum Weinen gebracht. Und damit auch: Dich habe ich geliebt. Meinen Neuen liebe ich nicht.

Dialoge mittels Indirektheit und Subtext zu versehen, ist die hohe Kunst der Dialoggestaltung. Auch der bereits erwähnte Mercedes-Benz-Clip „The Journey“ (siehe Momentum arbeitet damit:

Auf die Aussage des Jungen „Ich habe mich verlaufen“ antwortet der Polizist indirekt: „Das ist jetzt aber wirklich das letzte Mal … oder?“ Dadurch entsteht ein Subtext, durch den die Rezipient*innen erfahren, dass der Junge sich nicht zum ersten Mal mit dieser Ausrede von der Polizei im Mercedes nach Hause fahren lässt. Für das Verständnis der Geschichte und die Wirkung der Pointe ist das die entscheidende Information.

Vorankündigung: Etwas wird geschehen

Wird erzählt, dass etwas eintreten wird, ein*e Protagonist*in etwas plant, sie eine Verabredung hat, auf etwas hofft, etwas befürchtet oder Zweifel hat, so dass die Rezipient*innen Erwartungen bilden können, spricht man von einer Vorankündigung.

In der unter Subtext und Indirektheit beschriebenen Szene sagt Tess gleich zu Beginn, dass sie mit ihrem Neuen verabredet ist, der jeden Moment kommen müsste.

Durch diesen einen Satz wird ein Spannungsbogen eröffnet. Die Rezipient*innen fragen sich, wann der Neue kommen, wie er auf Danny reagieren und ob es Ärger zwischen den Beiden geben wird, und bauen damit Erwartungen auf.

Eine Vorankündigung ist eine sehr simple Erzähltechnik, deren zu häufiger Gebrauch jedoch auch dazu führen kann, dass die Erzählung vorhersehbar wird, wenn die Erwartungen der Rezipient*innen jedes Mal erfüllt werden.

Vorbereitung und Nachklang: Emotionsmanagement

Wie der Name schon sagt bereitet eine Vorbereitung ein wichtiges dramatisches Ereignis vor, um dessen Bedeutung und / oder die emotionale Verfassung einer Protagonist*in im Hinblick darauf zu verdeutlichen.

Sie wird häufig verwendet, um die Wirkung von Suspense zu verlängern und die Beantwortung der Suspense-Fragen hinauszuzögern.

Wenn die Protagonist*in auf dem Weg zu einem bestimmten Ort ist, wo sie mit der Antagonist*in konfrontiert wird, dann kann es Sinn machen, die Fahrt dorthin zu erzählen, um ihre Stimmung zu vermitteln, die Spannung zu steigern und damit dieses Aufeinandertreffen vorzubereiten.

Nachklang meint Szenen, die den Zweck verfolgen, die emotionale Reaktion einer Protagonist*in auf ein vorangegangenes wichtiges dramatisches Ereignis zu zeigen und / oder den Rezipient*innen die Möglichkeit der emotionalen Verarbeitung des gerade Geschehenen oder der Entspannung nach einer Phase der Anspannung zu geben.

Zusammenfassung: auf Nummer sicher gehen

Zusammenfassungen fassen noch einmal zusammen, was bisher passiert ist.

In Krimis gibt es regelmäßig solche Rekapitulationsszenen. Sie dienen dem Zweck, sicherzustellen, dass die Rezipient*innen den bisherigen Verlauf nachvollziehen können.

Zusammenfassungen können schnell Langeweile hervorrufen, weil die Erzählung sich nach hinten orientiert, statt die Geschichte voranzutreiben. Sie sollten deshalb sparsam eingesetzt werden.

Cliffhanger: Sucht erzeugen

Ein Cliffhanger hat die Aufgabe, die Auflösung einer Situation zu verzögern, indem die Erzählung in eine andere Szene oder einen anderen Erzählstrang springt. Dadurch soll er die Rezipient*innen neugierig auf die Auflösung machen, damit ihr Interesse aufrechterhalten und sie unbedingt wissen lassen wollen, wie es weitergeht.

Für weitere Erzähltechniken und dramaturgische Werkzeuge empfehle ich das umfangreiche DramaWiki von DramaQueen.