Der Erfolg eines Unternehmens hängt in nicht geringem Maße davon ab, wie motiviert die Mitarbeiter*innen sind und wie gut sie als Team funktionieren. Wie lassen sie sich also motivieren und zu Kooperation statt Konkurrenz innerhalb eines Teams anregen? Oder anders gefragt: Warum arbeiten wir überhaupt? Und wann arbeiten wir gerne?

Die stärkste Motivation ist eine intrinsische: Wir sind aus uns heraus motiviert, die beste Leistung zu erbringen und mit anderen zusammenzuarbeiten.

Sinn und Leidenschaft

Äußere, kognitive und materielle Anreize führen zu keiner intrinsischen Motivation und können deshalb nur kurzfristig wirken: eine bestimmte Gestaltung des Arbeitsplatzes, gemeinsame Teamevents, Kickertisch und Lümmelecken oder künstlich geschaffene Orte der Begegnung, um Austausch und neue Ideen zu fördern, Gehaltserhöhung, Boni, Beförderung, Geschäftswagen usw.

Bei vielen von ihnen ist es der schlichte Neuigkeitseffekt, der eine positive Wirkung hervorruft. Er ist aber schnell wieder verpufft und macht dem alten Trott Platz.

Auch Anreize zur Befriedigung egoistischer Bedürfnisse – Geld und sozialer Status – funktionieren zur Motivationssteigerung nur schwach. Sie bringen lediglich einen Nutzen (der sich schnell abnutzt), erzeugen aber keinen Sinn. Doch genau darum geht es: der Arbeit der Mitarbeiter*innen einen Sinn zu geben.

Denn Sinn entfacht Leidenschaft und Leidenschaft ist der beste Motivator. Die Leidenschaft, die daraus entsteht, gemeinsam für etwas Sinnvolles zu kämpfen, ist die intrinsische Motivation, die die Arbeit Spaß machen lässt und für den engsten Zusammenhalt im Team sorgt, für ein Füreinandereinstehen, für gegenseitige Unterstützung.

Um zu verstehen, wie Sinn entsteht, braucht es ein ganzheitliches Verständnis von Handlungsmotivation. Der Mensch ist eben nicht nur der rein rational abwägende und eigennutzorientierte homo oeconomicus, für den ihn weite Kreise der Ökonomie immer noch halten.

Er ist auch ein homo fanaticus (wertorientiertes Handeln), ein homo traditionalis (traditionelles Handeln) und ein homo affectus (affektives / emotionales Handeln). Vor allem aber ist er ein soziales Wesen.

Er handelt also, um bestimmte Werte zu realisieren oder zu erhalten, eine Tradition fortzuführen, aufgrund von Emotionen oder um zum Erhalt oder zum besseren Funktionieren seiner Gemeinschaften beizutragen.

Insbesondere die erste und die letzte Handlungsmotivation ist sinnstiftend. Für das eigene Leben, die eigene Freiheit, Sicherheit, Gerechtigkeit, Anerkennung etc. zu kämpfen, ergibt Sinn, genauso wie für das Leben, die Freiheit, die Gerechtigkeit anderer zu kämpfen.

Auf Unternehmen übertragen bedeutet das: Unternehmen, die keine Gewinnmaximierung zum Zweck haben, sondern denen es darum geht, Werte zu realisieren, die das Leben der Menschen und das Funktionieren der Gemeinschaft verbessern, haben die motiviertesten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil sie das größte Identifikationspotenzial haben.

Werteorientierung und Identifikationspotenzial

Das wohl am ganzheitlichsten werteorientierte Unternehmen ist der Outdoor-Bekleidungshersteller Patagonia aus Kalifornien. Mit allem, was das Unternehmen tut, will es dazu beitragen, seine Vision von „einer Welt, in der die Umweltkrise gelöst ist“ zu realisieren.

Seine konsequente Orientierung an Werten und einer Vision verleiht ihm ein hohes Identifikationspotenzial (sowohl nach innen als auch nach außen) und erzeugt stabile Identifikationsbeziehungen zwischen ihm und seinen Mitarbeiter*innen: Die Fluktuation bewegt sich im einstelligen Bereich, pro Monat erhält es im Schnitt zweihundert Initiativ- und Blindbewerbungen.

 „Hero Companys“

Aus Sicht des dramaturgischen Modells der Held*innenreise ist Patagonia eine „Hero Company“, da es sich ganzheitlich für das Wohl der Natur und damit auch der Menschheit einsetzt. Das ist das zentrale Merkmal eine*r Held*in im mythologischen Sinne: Ein*e Held*in ist ein Mensch, der sich für seine Gemeinschaft einsetzt, zu ihrem besseren Funktionieren beiträgt, sein Ego ihr zugunsten zurückstellt, ihr etwas wiedergibt, etwas mit ihr teilt oder sogar bereit ist, sich für sie zu opfern, um sie zu retten.

Auch andere Unternehmen wie Toms Shoes und Warby Parker sind „Hero Companys“, da gesellschaftliche Verantwortung der Kern ihres Selbstbildes und ihres Verständnisses von Unternehmertum ist. Einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten und die Welt zu einem besseren Ort zu machen, ist ihr Existenzzweck und ihre Daseinsberechtigung.

Die Motivation der Mitarbeiter*innen ergibt sich daraus, dass eine Werteorientierung nicht nur dem Unternehmen Held*innenstatus verleiht, sondern auch ihnen selbst. Dieser Aspekt – das Gefühl und das Wissen, etwas für die Gemeinschaft zu tun – ist im Hinblick auf die Motivation der Mitarbeiter*innen ein wichtiger Faktor.

Uri Gneezy

Ein Experiment, das sehr schön zeigt, wie sich eine Werte- und Gemeinschaftsorientierung (im Gegensatz zu einem monetären Anreiz) auf die Motivation auswirkt, hat Uri Gneezy – Professor of Economics & Strategy an der UC San Diego – durchgeführt:

Schüler*innen sammelten am meisten für einen guten Zweck, als sie ehrenamtlich sammelten. Als sie ein Prozent behalten durften, strengten sie sich weniger an, und als sie sogar zehn Prozent behalten durften, sammelten sie am wenigsten Spenden. Je mehr sie prozentual von dem gesammelten Geld behalten durften, umso weniger sammelten sie also.

Auch in zwei weiteren Experimenten zeigt Gneezy, wie ungeeignet monetäre Anreize zur Motivationssteigerung sind: Im ersten mussten Eltern eine Strafe bezahlen, wenn sie ihre Kinder zu spät vom Kindergarten abholen. Doch statt sie infolge dessen pünktlich abzuholen, sahen sie die Strafe als Preis fürs Zuspätkommen, den sie gerne bezahlen. Der monetäre Anreiz führte also nicht zu einer Verhaltensänderung, sondern zu einer Verhaltenslegitimation.

Im zweiten Experiment bekamen Menschen Geld dafür, wenn sie Fitness betreiben. Auch hier wirkte der monetäre Anreiz nur kurzfristig. Denn nach einer anfänglichen Motivation überließen sie sich nach kurzer Zeit wieder ihrer Bequemlichkeit.

 „Cone Communication Millenial CSR Study“-Studie

Eine Studie, die zeigt, dass Unternehmen, die werteorientiert sind und Sinn stiften, eine hohe Anziehungskraft haben, zeigt die „Cone Communication Millenial CSR Study“-Studie aus dem Jahr 2015 zu den Berufsvorstellungen der Zwanzig- bis Dreißigjährigen.

Ihr zufolge möchten über 90% der Millenials in einem Unternehmen arbeiten, das einen positiven Einfluss auf die Welt ausübt (und damit also Sinn macht). Sie würden sofort zu einem Unternehmen wechseln, das für eine gute Sache kämpft. Ein Großteil von ihnen wäre sogar bereit, für ein ethisch besseres Unternehmen eine Gehaltskürzung in Kauf zu nehmen und sich dort auch nach Feierabend zu engagieren.

Diese Zahlen sind für Unternehmen umso wichtiger, wenn man bedenkt, dass im Jahr 2020 die Millenials 50% der Arbeitskraft ausmachen.